Pläne und CAD-Modell Tochterboot

Die Pläne der 28 Meter-Klasse sind sehr gut gelungen und man merkt ihnen an, dass im Entstehungsprozess auch Modellbauer beteiligt waren. Die Pläne reichen sicherlich aus um damit ein schönes Modell zu bauen.  

Erhältlich sind sie im Onlineshop der Seenotretter.

Modellbauer wie wir, die in 1:10 bauen, haben jedoch gerne mal die Angewohnheit etwas verstrahlt zu sein und wenn wir den beiden besten Ehefrauen der Welt glauben dürfen, dann trifft das bei uns besonders zu. Insofern reicht es uns natürlich nicht die Pläne zu kopieren, den Spantenriss zu zerschneiden, diese Ausschnitte auf Sperrholz zu kleben und die Säge anzuwerfen.

Nein, wir digitalisieren die Pläne und basteln zunächst im CAD ein 3D-Modell der jeweiligen Baugruppen. Kann man so machen - muss man aber natürlich nicht.

Der Vorteil ist jedoch, dass man auf diese Art und Weise sichergehen kann, dass die Pläne wirklich stimmen und keine künstlerischen Freiheiten enthalten die Werften bei Modellbauplänen schon mal einbauen. Bei Bedarf lassen sich diese "Freiheiten" dann korrigieren bevor man die Spanten aufstellt und dann feststellt, dass etwas nicht stimmig ist.

Aber genug der Vorrede - lassen wir mal die ersten CAD-Bilder sprechen. So sieht es aus, wenn man den digitalen Plan nimmt und das CAD-Modell der Rumpfschale darüber legt. Die Scheuerliste aus dem Plan liegt dabei sinnvollerweise mitten im CAD-Modell: 

Auch ohne die Zeichnung im Hintergrund kann man eine gewisse Ähnlichkeit zum Original nicht verleugnen:

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Die Herausforderung ist alle im Plan angegebenen Maße so weit wie möglich im Modell wiederzufinden. Kleinere Abweichungen gibt es. Aber wir wussten ja, dass es nicht völlig kinderleicht werden würde:

Die Rekonstruktion eines CAD-Modells aus einer Kopie eines ausgedruckten Planes hat schon so seine Tücken. Es ist schwer, die richtigen Linien zu kriegen, wenn eine Kante schief im dreidimensionalen Raum verläuft. So zum Beispiel ist es bei fast allen Kanten am Aufbau der Fall. Überall wo zwei schräge Flächen aufeinander stoßen.

Die Pläne zeigen in den Detailansichten Schnitte mit Maßen, die man nur schwer nachvollziehen kann, weil der Schnitt irgendwo mitten durch eine Fläche geht und wir beim Bau später aber nur echte Kanten und Ecken als Anhaltspunkte zum Ausrichten haben.

Bei der "Glasdurchsicht" der Fensterausschnitte scheinen wir auf das Thema "künstlerische Freiheit der Werft" zu stoßen. Die im Plan eingezeichneten Linien entsprechen eher den Außenkanten der
Glasfenster. Mit der Durchsicht durch die Scheiben (also den eigentlichen Ausschnitt in der Seitenwand) hat das nicht viel zu tun.

Aber Thomas hat ausreichend Übung mit solchen Freiheiten und das bisherige Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen - es weicht zumindest mal optisch nicht von den Bildern des Originales ab.

Wenn man sich die Bilder anschaut, besteht die begründete Hoffnung, dass man mit der bisherigen Arbeit der "Entwicklungsabteilung" unseres Werftverbundes schon etwas anfangen kann:

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Zwischendurch mal ein Vergleich mit dem Original der STEPPKE, also dem Tochterboot des Schwesterschiffes unserer Modelle, der BERLIN (III):

Ein gewisse Ähnlichkeit kann man durchaus "erahnen".

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Das Bild zeigt das soweit vollständige Spantgerüst des Urrumpfes mitsamt der zusätzlichen Versteifungen:

Die einzelnen Spanten lassen sich direkt aus dem CAD-Modell des Urrumpfes ableiten, wobei die 3mm Abzug für die Sperrholzbeplankung bereits berücksichtigt sind.

Die insgesamt 9 Rumpfspanten sollten ausreichen, die Rumpfform sauber abzubilden. Im nächsten Schrittgeht es um die Beplankung: Es werden die einzelnen Abschnitte der Rumpfform abgenommen und davon Abwicklungen erstellt.

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Die weiteren Entwicklungen des CAD-Modells lassen sich durchaus sehen.  

Der Ausschnitt für die Bergepforte ist vorhanden - hier waren einige Anpassungen ans Original erforderlich, da die Planversion ein Öffnen der hier noch fehlenden Tür nicht zugelassen hätte. Hier hätten sich ein paar Teile sprichwörtlich gegenseitig im Weg gestanden:

Der Motor hat virtuell bereits seinen Platz gefunden. Hierbei war wichtig in möglichst weit nach hinten und unten zu setzen um den Schwerpunkt niedrig zu halten - diese Modelle sollen - wie die Originale auch - kentersicher und selbstaufrichtend sein.

Die Tochterboote operieren sehr oft in sehr flachen Seegebieten und laufen dort auch schon mal Gefahr auf Grund zu schlagen. Um dabei die Schraube sowie das Ruder zu schützen, haben die Originale einen entsprechenden Schutzbügel, der hier gleichzeitig auch das Ruder im unteren Drehpunkt führt. Im CAD sieht es dann so aus, im Modell planen wir es zumindest das so auszuführen. Schön zu sehen ist auch das Ende der Schiffswelle.

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Die Weihnachtstage und die Bemühungen die anderen Baustellen zu erledigen, lassen es hier etwas ruhiger werden. Nichts desto trotz haben wir es uns angesichts der doch recht frischen Außentemperaturen dazu entschlossen dem CAD-Modell das "Mützchen" zu verpassen und es wieder in die nicht ganz so frostige Halle zu stellen.

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März 2017

Die Temperaturen steigen langsam wieder, sodass man wieder mit Farbe hantieren kann. Hier zwar "nur" beim CAD-Modell, aber auch das muss sich weiterentwickeln.

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Das CAD-Modell hat jetzt seine Poller und die Lasching-Tasche für die hydraulische Sicherung in der Heckwanne erhalten. Ein bisschen erinnert ein Teil jedoch stark an Asterix (in Ägypten) und Kleopatra: "Was für eine Nase!"

Unter dem Modell mussten wir vom Plan dann doch abweichen, da das Tochterboot TB41 (MATHIAS) sowie alle weiteren der 28m-Klasse dort anders ausgeführt sind als LOTTE, das Tochterboot des Typschiffes der 28m-Klasse. 

Die Ruderhacke sieht bei "unseren" Originalen so aus:

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Für Modellbauer nicht unerheblich: Wie realisiert man den Zugriff in das Innere eines Modells?

Üblicherweise reicht eine Decksöffnung entlang der Trennlinie von Rumpf und Aufbau und innen ein kleiner Süllrand gegen überkommende Wasserspritzer. Wenn man mit dem Modell auch auf der Nordsee fahren will, ist das aber so eine Sache... 

Zum einen muss das Modell dicht werden, zum anderen soll man

  • die Trennung möglichst nicht erkennen können und
  • die Öffnung wenigstens so groß sein, dass man Akkus wechseln oder
  • kleinere Reparaturen durchführen kann.

Bei den Tochterbooten von Seenotrettungskreuzern gibt es noch eine weitere Herausforderung:

Die Plicht, also der Bereich hinter dem Aufbau, reicht unter das Decksniveau. Da wird das mit der nicht sichtbaren Trennlinie schwierig - auch weil die Motorabdeckung hier keine einfache senkrechte Fläche bildet.

Wir haben uns beim 3. Rettertreffen in Oyten mal bei anderen Modellbauern umgeschaut, verschiedene Lösungsansätze bei anderen Modellen diskutiert und für unsere Tochterboote diese Lösung gefunden, bei der wir die Abdichtung, Optik und Kenterfähigkeit unter einen Hut bekommen sollten:

Im weiteren Verlauf werden jetzt nach und nach auch die einzelnen Details am CAD-Modell ergänzt.

Das Grundgestell des Mastes, die umlaufende Schiene für die Sicherungsleinen der Besatzung, die Bugreling sowie der Trossenabweiser am Ende der Plicht, sind montiert:

Auch der Klappmechanismus das Daches (für Schleppmanöver des Kreuzers unerlässlich) ist modelliert:

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Das CAD-Modell wächst und gedeiht. So wurden mittlerweile

  • alle Fenster inklusive der Rahmen und Verschraubungen,
  • die Namensschilder und
  • der Einfüllstutzen an Steuerbordseite am unteren Teil des Deckshauses erstellt.


Was auf diesem Bild noch nicht zu erkennen ist:

  • Die Tür ist vormodelliert,
  • es gibt eine Anpassung des Süllrandes und
  • die Dichtfläche zwischen Aufbau und Rumpf (bedingt durch das Fenster in der Tür) und
  • die Motorabdeckung sind als Rohmodell fertig.

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Mittlerweile ist die Radarantenne an seinem Platz und die Bergepforte hat sich weiterentwickelt - es geht voran.



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Mal ein Wort zu den Plänen, schließlich heißt dieses Kapitel ja "Pläne und CAD".

Im Rahmen der Erstellung des CAD-Modells sind wir natürlich auf Pläne angewiesen, wie beim Urmodell eben auch. Und - so viel sei vorab verraten - die Pläne sind von dem was sie alles enthalten, das Beste, was man von den deutschen Rettungseinheiten jemals bekommen konnte. Rein preislich im Vergleich zu den sonstigen Plänen auch sicher unter Wert im Angebot.

Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. So bekommt man den Eindruck, dass hier seitens der Werft (und die zeichnet die Pläne schließlich) einige Kreativitäten "eingebaut" wurden, die dem Vergleich mit dem Original nicht immer so ganz standhalten. So scheint uns die Größe der seitlichen Fenster des Fahrstandes oder die Lage der Frontfenster anders zu sein als im Plan verzeichnet. Auch im Bereich der Bergepforte erschließen sich die Pläne nicht so ganz, denn beim Übertrag ins CAD ergibt sich dabei, dass die Pforte eigentlich nicht geöffnet werden kann - was im Original aber definitiv der Fall ist.

An sich ist das alles kein Problem und eher "Jammern" auf hohem Niveau. Für Modelle von 1:25 sicher in einem Messbereich, der dem menschlichen Auge nicht zwingend auffällt. Aber für den von uns gewählten Maßstab von 1:10 bedeutet es, dass wir das Original doch etwas genauer unter die Lupe - oder besser - unter den Zollstock zu nehmen. Denn hier fallen Ungereimtheiten einfach sehr schnell ins Auge.

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